Habe die Ehre, Anton!

Wir sprechen mit Anton Reichenbach aus Jesenwang. Er ist erfolgreicher Unternehmer, Hobbypilot, Auto- und Motorrad-Liebhaber, Philanthrop und Heimatmensch.

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Im ersten Teil unseres Gesprächs spricht Anton über seine Jugend, die erfolgreiche Berufslaufbahn und seine Hobbys, denen er mit großer Leidenschaft nachgeht.

Servus, Anton, du bist verheiratet und ihr habt einen Sohn. Aufgewachsen aber bist du nicht in Jesenwang?
Nein, ich komme aus Rehschaln, ein Gemeindeteil des Marktes Fürstenzell im niederbayerischen Landkreis Passau. Wir waren vier Kinder, ich habe noch drei ältere Brüder. Als Familie waren wir teilweise auch Selbstversorger und haben unser eigenes Obst, die Kartoffeln und das Gemüse angebaut. Meiner Mutter, und ich glaube uns allen, ist das recht gut bekommen. Sie lebt mittlerweile im Jesenwanger Seniorenheim, ist 101 Jahre alt und trinkt, wie bereits ihr ganzes Leben, immer noch täglich ein Bier.

Ich kann mir vorstellen, dass damals in Niederbayern noch Zucht und Ordnung herrschten ;-)
Definitiv, wir wurden streng katholisch erzogen und meine drei Brüder besuchten das humanistische Gymnasium in Fürstenzell, ich war damals noch zu jung. Zwei meiner Brüder studierten dann Maschinenbau in München, keine Selbstverständlichkeit für die damalige Zeit. Ende der sechziger Jahre zog unsere Familie dann nach Germering.

Wo warst du in der Schule und wie begann dann dein Einstieg in das Berufsleben?
Mit zwölf Jahren besuchte ich die „Friedrich List Wirtschaftsschule“ in München und absolvierte dort meine Mittlere Reife. Das war schon eine große Umstellung und teilweise auch ein Kulturschock, von einem beschaulichen Dorf in Niederbayern über Germering nach München zu gelangen. Damals, es war ja noch vor der Olympiade, gab es noch keine S- oder U-Bahnen und so bin ich täglich mit dem Zug nach München gefahren, was für mich damals definitiv die große weite Welt war. Mit sechzehn Jahren begann ich dann meine Lehre als Bankkaufmann bei der Deutschen Bank in München. Direkt im Anschluss habe ich auch noch eine Lehre bei Gerling – HDI in München als Versicherungskaufmann gemacht. Diese Lehre konnte ich auf Grund meiner guten schulischen Leistungen auf eineinhalb Jahre verkürzen und habe die Ausbildung mit einem Notenschnitt von 1,0 abgeschlossen. Im Anschluss musste ich zur Bundeswehr und fing danach als Versicherungskaufmann bei Gerling an zu arbeiten.

Du warst ja auch jahrelang sehr erfolgreich im Bereich Finanzdienstleistungen tätig.
Das stimmt. 1980 ging ich als selbstständiger Handelsvertreter zu Wüstenrot und eröffnete in Germering eine neue Agentur für die Bereiche Bausparen & Finanzdienstleistung und blieb dort bis 1998. Nach nur 5 Jahren war ich bereits jüngster Generalagent von Wüstenrot. 1985 eröffnete ich noch eine weitere Niederlassung in Gräfelfing. Ich hatte insgesamt zwölf Mitarbeiter, mit denen wir ca. 3000 Kunden betreuten, also schon eine richtig große Agentur. Mir war schon immer wichtig, dass wir mehr leisten und besser sind als unsere Mitwettbewerber. Dafür sind natürlich auch die passende Software und Systeme unabdingbar: Egal ob Drucker, BTX (ein damaliger Onlinedienst, der Funktionen des Telefons und des mobilen Druckers zu einem Kommunikationsmittel kombinierte, es gab ja noch kein Internet), Datenauswertung oder modernste Kundenmanagement-Systeme, wir waren technologisch immer ein Vorreiter unserer Branche. Bei Wüstenrot gab es damals insgesamt an die 2000 Handelsvertreter in Deutschland und unsere Generalagentur war 18 Jahre in Folge unter den erfolgreichsten. Parallel zu dieser Tätigkeit habe ich auch eine Immobilienagentur inklusive Hausverwaltung aufgebaut und diese noch zehn Jahre nach meinem Ausstieg bei Wüstenrot, also bis 2008 betrieben.

Bei so viel erfolgreicher Arbeit braucht der Mensch doch ein Hobby oder besser gleich mehrere. Was hast du denn gerne gemacht, wenn du mal nicht gearbeitet hast!
Alles Motorisierte, egal ob am Boden oder in der Luft, hat mich schon als kleiner Junge sehr fasziniert. In der Nähe meines Heimatdorfes befindet sich auch heute noch der kleine Flugplatz Fürstenzell, der dem hier in Jesenwang sehr ähnelt. Da bin ich dann regelmäßig auf meinem Fahrrad hingefahren und hab ganz begeistert die Flieger beobachtet. Damals, schon als sechsjähriger Junge, war für mich klar, dass ich auch einmal selbst diese Flugzeuge fliegen möchte, und so kam es dann auch. Mit 24 Jahren habe ich in Jesenwang meinen Flugschein gemacht und habe dann in 33 Jahren ca. 1500 Flüge absolviert. Ich habe am Flugplatz Jesenwang auch viele Jahre die beliebten Rundflüge durchgeführt und war Gründungsmitglied des Vereins „Pro-Luftfahrt Jesenwang“, und das bis heute. Das war meine große Leidenschaft, ich liebte das wirklich. Jedoch alles im Leben hat seine Zeit, und in mir reifte die Entscheidung, meine fliegerischen Aktivitäten nach 33 schönen Jahren zu beenden.

Du bist auch passionierter Motorradfahrer.
Ja und dieser, meiner zweiten großen Leidenschaft, bin ich immer noch treu und mache regelmäßig meine schönen Tagestouren, manchmal bis zu 500 km pro Tag. Hinzukommen jedes Jahr mindestens zwei große Jahresausflüge, Frühjahr und Herbst, zwischen 8 und 14 Tagen mit meinen Motorradfreunden aus Jesenwang und Umgebung. Auch schon im Alter von sechs Jahren, wie beim Fliegen, habe ich mich in Mopeds verliebt. Durch meine älteren Brüder waren wir auch sehr früh motorisiert und kauften damals für 20 Mark ein NSU-Quickly Mofa. Mit dem bin ich dann auch schon als Sechsjähriger auf Feldwegen gefahren, am Land in Niederbayern ging das damals noch, es waren einfach noch andere Zeiten. Mit 16 hatte ich dann eine Herkules KS 50 und mit 18 kam mein erstes Motorrad, eine Honda-250, 2 Zylinder, die kostete 3900 D-Mark, das war viel Geld für einen 18-Jährigen. Ich sammele seit vielen Jahren und hatte in Spitze 12 Motorräder, momentan sind es noch sieben. Auf drei bin ich ganz besonders stolz: Eine BMW R90S aus 1972, eine Moto Guzzi Le Mans 1 aus 1977 und eine Honda ZB50 aus 1982. Alle drei sind im Originalzustand, top erhalten und es bereitet mir wirklich große Freude, solche Oldtimer zu besitzen, zu erhalten und natürlich zu fahren!

Ein weiteres Hobby von mir ist Golfen. Ein toller Sport! Man ist an der frischen Luft, in netter Gesellschaft und kann das auch immer schön mit Reisen verbinden. Wir sind mit unserer Gruppe seit 25 Jahren Mitglieder im Golfclub Rottbach. Initiiert wurde das Ganze von Hans Stangl. Wir haben uns 1980 beim Tennis spielen kennengelernt und sind seitdem gute Freunde. Auch unsere Golftruppe ist seit 25 Jahren sehr stabil und wir sind mittlerweile alle sehr eng befreundet und spielen regelmäßig unsere Golfrunden und unternehmen gemeinsame schöne Golfreisen.

In Teil zwei unseres Gesprächs geht es um dein soziales Engagement und die humanitären Aktivitäten in der Hans Stangl – Stiftung.


Da hast du jetzt auch gleich ein Stichwort geliefert, Hans Stangl. Du bist bereits seit vielen Jahren in seiner Stiftung aktiv.
Ja, die Hans Stangl – Stiftung, eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts, gibt es seit 2008 und ich bin von Anfang an in verschiedensten Bereichen involviert. Ende 2022 dann übergab Hans Stangl den Vorstand an mich und übernahm dafür den Vorsitz im Stiftungsrat. An der Ausrichtung der Stiftung hat das nichts geändert und wir freuen uns auch, dass unser Stifter, Hans Stangl nach wie vor der Mittelpunkt unserer Stiftung ist und selbst noch aktiv in allen Bereichen mitwirkt. Sein persönliches Engagement ist nach wie vor sehr wichtig für die strategische Ausrichtung unserer auf unbegrenzte Zeit ausgerichtete Hans Stangl – Stiftung. So bleiben auch das Vorgehen wie auch die Stiftungsschwerpunkte gleich: Bildung und Wissenschaft, Jugend und Altenhilfe, Kunst und Kultur, Sport sowie mildtätige Zwecke.
Vor allem Kinder und ältere Menschen liegen der Stiftung sehr am Herzen – wobei natürlich immer auf eine gerechte Verteilung der Stiftungsmittel über alle Bereiche hinweg geachtet wird. Wir unterstützen Projekte im ganzen Landkreis. Dabei liegt uns Jesenwang als Geburtsort des Stifters natürlich ein Stückchen näher als der Rest der Welt.

Wie muss ich mir einen typischen Vorgang vorstellen, wie läuft das ab?
Anträge werden aus verschiedensten Bereichen und Orten an uns herangetragen. Mein Ziel ist es, immer innerhalb von zwei Wochen zu entscheiden und die Antragsteller zu informieren, ob und in welchem Umfang wir helfen können. Von 2008 bis heute konnten wir bereits 335 Projekte fördern und somit wirklich schon viel Gutes in Jesenwang, dem Landkreis FFB, Bayern und dem schönen Rest unserer Welt bewirken.

Anton, welche Projekte sind das genau?
Besonders am Herzen liegt uns u.a. der Kindergarten St. Michael in Jesenwang. Hier haben wir über die Jahre hinweg viele Aktivitäten gefördert, wie den Umbau, diverse Ausstattungen, Laufräder und Spielsachen für Haus sowie Garten.
Ein sehr aktuelles Projekt ist die Zusammenarbeit mit der Kinderkardiologie der LMU München. Dabei wurden über vier Monate insgesamt 950 Jugendliche und Kinder in der Realschule Maisach am Herzen untersucht. Initiiert hatte das ganze Projekt Manfred May. Sein Sohn, Schüler der Realschule, war vor über zwei Jahren an einem unentdeckten Herzfehler gestorben. Die Ergebnisse der Studie waren alarmierend, fast zehn Prozent der untersuchten Schüler wiesen einen kontrollbedürftigen Befund auf. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass von diesen Kindern wiederum ein Drittel bereits schwer am Herzen erkrankt ist, ohne dass vorher in irgendeiner Art und Weise Anzeichen aufgetreten wären. Diese Schüler werden nun von Fachärzten weiter untersucht und behandelt, um Schlimmeres zu verhindern.
Im Gesundheitswesen unterstützen wir zudem seit über fünf Jahren die Alzheimer-Gesellschaft München bei der Ausbildung von Demenzhelfern sowie auch die Kinder-Palliativstation in Großhadern. Im Bereich Kultur beispielsweise fördern wir das Bach Chor & Orchester Fürstenfeldbruck. Grundsätzlich bevorzugen wir Projekte, bei denen wir möglichst vielen Menschen helfen können und bezuschussen so über 20 Schulen im Landkreis.
Auch dem Altenwerk-Marthashofen konnten wir behilflich sein und einen neuen Brotbackofen bereitstellen. In Jesenwang wurde ein tolles Aquarium für das Seniorenheim angeschafft und die Bewohner lieben es. Dem Förderverein St. Willibald wurde der Kauf eines neuen Wagens für den jährlichen Umzug ermöglicht. Hilfen beim Aufbau der Mittagsbetreuung oder der Digitalisierung an der Schule (Kauf von Laptops) sowie im Bereich Sport runden das Engagement ab, sodass dies jetzt nur ein Auszug unserer Aktivitäten war.
Dies alles bedeutet mir, wie auch unserem Stifter Hans Stangl und unseren 4 weiteren Mitgliedern des Stiftungsrats, wirklich sehr viel, denn ansonsten würden wir das nicht schon über einen so langen Zeitraum in dieser Intensität betreiben. Bei mir persönlich fing es mehr oder weniger als eine Art Hobby an, mittlerweile aber ist es für mich zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden. Ich glaube schon, dass wir speziell in Jesenwang, aber auch im Landkreis FFB und unserer oberbayerischen Heimat, unseren humanitären Fußabdruck hinterlassen haben und wir wollen das auch noch sehr lange tun. Das alles erfüllt unsere Stiftung mit großem Stolz und bereitet mir und unserem Stiftungsrat sehr viel Freude – es ist ein gutes Gefühl, Gutes zu tun!

Da fließen ja über so einen Zeitraum beträchtliche Summen, wie wird das alles finanziert?
Der Stiftungsstock der Hans Stangl Stiftung besteht zum Großteil aus Firmenanteilen, die Hans Stangl der Stiftung in weiser Voraussicht bereits im Jahr 2008 übertragen hat. Somit ist unsere Stiftung am Produktivvermögen und an den Erträgen dieser Unternehmensanteile beteiligt. Die selbstlose Überlassung dieser beträchtlichen Unternehmensanteile ermöglicht unserer Stiftung ein unabhängiges und selbständiges Handeln innerhalb unser 5 genannten Stiftungszwecke.  

Auch das Künstlersymposium zur 1250-Jahr Feier in Jesenwang wurde von euch ja nicht nur unterstützt, sondern auch initiiert, genauer gesagt durch dich und den KHV.
Ja. Erstmals fand in unserer Gemeinde so etwas in dieser Form statt. Organisiert wurde das Symposium von unserer Stiftung und dem KHV, hier insbesondere von meinem Stiftungsfreund und Vorstand des KHV, Herrn Alexander Meßner und dem Bildhauer Hubert Huber. Er hat sich nicht nur mit seiner eigenen Arbeit einen Namen gemacht, sondern ist auch seit 20 Jahren federführend bei dem Symposium „Kunst & Bier“ in Andechs. Ich kenne ihn gut und konnte ihn so von meiner Idee überzeugen, das Jubiläumsjahr auch künstlerisch zu begleiten.
Als Hubert Huber die Ausschreibung für unser Symposium bekannt machte, war die Resonanz enorm. 1000 Künstler wurden angeschrieben, 110 Bewerbungen kamen aus der ganzen Welt – aus Tschechien oder der Ukraine ebenso wie aus Spanien, natürlich aus ganz Deutschland und selbst zwei Künstler aus Costa Rica wollten am Symposium teilnehmen. Aus 59 eingereichten Ideen wählte die Jury dann drei Kunstschaffende aus, die in den Tagen vor dem Dorffest unter dem Kastanienhain in der Ortsmitte ihre Werke erstellten, also Kunst zum Erleben und Anfassen für alle Jesenwanger. Die Kunstwerke wurden dann der Gemeinde von der Hans Stangl-Stiftung zur Erinnerung an das Jubiläumsjahr geschenkt.

Nun noch ein Wort zum KHV, auch hier seid ihr wichtigster Förderer.
Der KHV ist eine klasse Ergänzung des kulturellen Angebotes in Jesenwang und arbeitet im Einklang mit den anderen Vereinen und der Gemeinde, auch bei bestehenden Aktivitäten. Es ist schon beeindruckend, was hier alles bewegt wurde und wird. Die Initiativen des Vereins passen zudem perfekt zu den Schwerpunkten und Zielen unserer Stiftung und mir gefällt besonders, dass auch sehr viel für unsere Kinder getan wird. Die Böllerschützen liegen Hans Stangl sehr am Herzen und wurden tatkräftig unterstützt, etwa durch eine gemeinsame Tracht, die Ausstattung und die Böllergeräte. Lieber KHV, wirklich großartig, was ihr da alles auf die Beine stellt! Ich freue mich schon auf die nächsten Aktivitäten!

Lieber Anton, herzlichen Dank für deine Zeit und die spannenden Einblicke in dein Leben und Wirken. Wir waren jetzt fast zwei Stunden zusammen und ich hätte dir noch viel länger zuhören können. Du hast nicht nur schon einiges erlebt, sondern auch viel geleistet und tust dies immer noch. Du wolltest, so glaube ich, immer schon hoch hinaus und das gelang dir definitiv – und zwar nicht nur als Pilot! Trotzdem aber bliebst du dir selbst stets treu: Bodenständig, authentisch, bayerisch und in der Heimat fest verwurzelt und engagiert. Bedürftigen zu helfen, ist dir weit mehr als ein Anliegen und soziales Engagement mittlerweile fester Bestanteil deiner DNA!

Anton, mach so weiter und bleib, wie du bist! (Bernd Schlemmer für den KHV)