Im Gespräch mit Bernd Schlemmer

Wir sprechen mit Bernd Schlemmer über die Allerscheenan, ihr Leitbild, die Ziele und warum gutes Aussehen nicht alles ist.

Bernd und Athena Schlemmer. 

KHV: Servus Bernd, Du bist ja Präsident von „De Allerscheenan“. Was seid ihr eigentlich genau, ein Stammtisch?
Nein. Wir sind ein Freundeskreis, der sich in fast identischer Besetzung schon seit über 20 Jahren regelmäßig trifft. Zudem verbindet die meisten von uns eine schon jahrzehntelang andauernde Freundschaft. 2015 haben wir beschlossen, unseren Verbund auf das nächste Level zu heben und De Allerscheenan gegründet. Wir haben unser eigenes Leitbild, eine Website, Wappen, Hemden, Anstecker, Fahne und neuerdings auch sehr exklusive, von einem unserer Mitglieder entworfene und für uns maßgestrickte Loaferl. Zudem besitzen wir unseren eigenen historischen Wagen, den wir vom Jexhof übernommen und in mühevoller Kleinstarbeit komplett zerlegt und restauriert haben. Damit nehmen wir auch jedes Jahr am Willibaldsritt in Jesenwang teil.

Was ist denn euer Leitbild?
Basierend auf unserer Devise, „Bayrisch leben, Brauchtum pflegen“, haben wir unser Leitbild definiert:

Wir Allerscheenan stehen dafür ein, unsere bayerische Kultur, die Sprache und das Brauchtum zu leben, zu erhalten und zu fördern. Gerade in unserer sehr schnelllebigen und zunehmend digitalisierten Welt ist es wichtig, unsere Werte und Traditionen zu pflegen, um sie für die nächsten Generationen zu bewahren. Dazu gehören für uns u.a. der Gebrauch der bayerischen Sprache, unsere Tracht, Brauchtum, Tradition und Veranstaltungen sowie der Erhalt unserer bayerischen Wirtshauskultur. 
Dass unser Leitbild für uns nicht nur eine leere Floskel ist, unterstreicht auch der Werdegang unserer Mitglieder. De Allerscheenan bestehen ausnahmslos aus anerkannten Bürgern, erfolgreichen Unternehmern, Gemeinderäten und Personen, die in Vereinen Führungspositionen besetzen. Der Großteil ist bereits seit vielen Jahren lokal sehr engagiert und immer gerne bereit, im Ehrenamt zu helfen und Verantwortung zu übernehmen.

Wahrscheinlich seid ihr das schon öfter gefragt worden: Wie seid ihr eigentlich auf euren Namen gekommen?
Wir bestehen ja ausschließlich aus sehr attraktiven, jungen Männern. Der Name impliziert dies ja auch und war deshalb geradezu prädestiniert für uns;-). Scherz beiseite, es ist für mich seit Jahren immer wieder amüsant, zu beobachten, wie viele Leute das sehr ernst nehmen und sich an dem Namen reiben. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung über den Willibaldsritt 2018 schrieb die verantwortliche Redakteurin:
„Dabei war auch ein Wagen, dessen männliche Besatzung sich „De Allerscheenan“ nennt, was auf einige Selbstironie hindeutet.“
Chapeau! Die Dame hat es sofort verstanden und dem ist auch nichts mehr hinzuzufügen. Entstanden ist der Name bei unserer Gründungsveranstaltung 2015. Wir suchten einen Begriff, der unsere Philosophie und unser Lebensgefühl illustriert und der auch uns, die Menschen dahinter, repräsentiert: Wir leben und genießen das bayrische Lebensgefühl, frönen unserer Heimat, Kultur und den Traditionen. Wir feiern gern, lieben unsere Tracht, haben Spaß und lachen viel, gern auch über uns selbst – De Allerscheenan halt.

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Jetzt noch eine Frage an dich persönlich. Wie stehst du selbst als Jesenwanger Bürger zum Kultur- und Heimatverein?
Absolut positiv, deshalb bin ich auch sofort Mitglied geworden. Für mich sind Tradition, Kultur und Brauchtum das Fundament einer modernen und dynamischen Gesellschaft. Sie stehen für Werte, Ehrenamt und Zusammengehörigkeit. Durch sie gewinnt der Mensch Sicherheit und Stabilität. Tradition und Brauchtum stiften Identität, Kontinuität, Ordnung und sie ermöglichen Begegnung und soziale Kontakte – ohne Social Media! Traditionen bedeuten Verlässlichkeit über den Moment hinweg und vernetzen so frühere, heutige und künftige Generationen. Dies, sowie es der KHV nun quasi als Kultur-Dienstleister tut, aktiv zu fördern, sei es monetär, sei es durch den Austausch an Erfahrungen oder durch helfende Hände, ist aller Ehren wert. Genauso wichtig für mich aber sind Veränderungen im sinnvollen Rahmen. Nichts ist in Stein gemeißelt. Auch Brauchtum, Werte, Institutionen und Handlungsmuster ändern sich und müssen dies sogar tun, um nicht unterzugehen. Mir gefiel die Devise mit „Laptop und Lederhosn“ immer sehr gut. Sie steht sinnbildlich für die Entwicklung und den Erfolg Bayerns. Wir haben uns vom Agrarland hin zum High-Tech Standort gewandelt und das, ohne unsere Identität zu verlieren. Altbewährtes und Fortschritt schließen einander also nicht aus, im Gegenteil, sie bedingen einander. Tradition bedeutet für mich nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitergeben des Feuers. Ich werde gerne dazu beitragen, dass das Feuer nicht ausgeht und an nächste Generationen weitergegeben wird.