Im Gespräch mit Hans Schellman

Wir sprechen mit Hans Schellmann.  Er war Globaler Einkäufer bei MTU, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er spricht mit uns über den ehemaligen Beruf und seine Hobbies, wie Holz-Dekoarbeiten, Holz zu drechseln oder das Sammeln von gesundem Schnitzelersatz aus heimischen Wäldern.

Hans, du bist ja mittlerweile im verdienten Ruhestand. Was hast du beruflich alles gemacht?
Ich war insgesamt 42 Jahre bei der MTU in München.Nach der Ausbildung zum Flugzeugmechaniker und den vier Jahren Bundeswehr ging ich zur MTU. Anfangs war ich in den Bereichen Qualitätssicherung und Marketing, wechselte dann in den Einkauf und blieb in dieser Tätigkeit dort die letzten 25 Jahre.

Die MTU ist gerade in Bayern schon für jedermann ein Begriff, aber was genau macht die Firma und wie lange gibt es das Unternehmen eigentlich schon?
Über die Historie könnte man ein Buch schreiben oder einen Film drehen. Es gab sehr viele Besitzer- und Strategiewechsel in der bald 90-jährigen Firmengeschichte, auch nachzulesen auf der Website. Kurzgefasst:

Die MTU (Motoren- und Turbinenunion) Aero Engines AG mit Sitz in München ist ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Geschäftsfeld die Herstellung und Instandhaltung von Triebwerken für die zivile und militärische Luftfahrt ist. In der 1930-er Jahren entstand die BMW-Flugmotorenbau GmbH und wurde direkt aus der BMW AG ausgegliedert. In den sechziger Jahren beteiligte sich MAN und 1969 wurde dann die MTU gemeinsam von MAN und Daimler-Benz gegründet. Mitte der achtziger Jahre dann hat Daimler-Benz die MAN-Anteile übernommen und MTU in die DASA integriert. Nach einem erneuten Strategiewechsel bei Daimler wurde MTU 2003 verkauft und 2005 als MTU Aero Engines an die Börse gebracht. Mittlerweile hat MTU über 10.000 Mitarbeiter weltweit, erzielt einen Jahresumsatz von knapp vier Milliarden Euro und ist als einer der führenden Triebwerkshersteller weltweit in allen wichtigen Regionen und Märkten präsent. Wenn man wie ich über 40 Jahre bei einem Unternehmen war, baut man natürlich eine gewisse emotionale Beziehung auf und so freut es mich schon, zu sehen, dass es weitergeht – und zwar erfolgreich.

Was genau war deine Aufgabe im Einkauf?
Ich war global zuständig für den Einkauf von Verdichtungsschaufeln für Flugzeugtriebwerke. Über 30 Prozent aller zivilen Flugzeuge weltweit greifen auf Triebwerkselemente der MTU zu. Da diese Bauteile natürlich extrem beständig, zuverlässig und somit qualitativ sehr hochwertig sein müssen, werden sie aus Titan und Nickel-Legierung gefertigt. So ist die Luftfahrt auch der größte Einsatzbereich für Titan weltweit, noch vor Golf -für Schläger- oder für Anwendungen in der Medizintechnik!

Außerdem war ich verantwortlich für den Einkauf aller Triebwerksteile im Maintenance Bereich für das Triebwerk des Eurofighter.

Warst du als Fußballer auch hart wie Titan?
Psychisch auf alle Fälle, mit der Physis aber, speziell der meiner Knie, war es problematisch. Leider hatte ich schon sehr früh Probleme mit dem Meniskus und auch Kreuzbandrisse. Das war zur damaligen Zeit eine äußerst schwerwiegende Verletzung und bedeutete sogar noch im Profibereich praktisch das Karriereende. Man hat damals operativ den Großteil vom Meniskus entfernt, heute undenkbar und ein Eingriff, der einem lebenslange Probleme bereitet, leider.

Danach bis du ins Schiedsrichteramt gewechselt.
Ja, das habe ich fünfzehn Jahre gemacht. Allerdings nie offiziell beim BFV (Bayrischer Fußball Verband), sondern immer nur bei Spielen von Jesenwang. Auch damals war es schon schwierig, Schiedsrichter für Jugendspiele oder bei Begegnungen der Reserve und AH zu finden und so habe ich halt ausgeholfen.

Trotz deiner Knieprobleme bist du aber auch leidenschaftlicher Skifahrer und Mitgründer der TSV Tanzgruppe.
Das Skifahren habe ich mittlerweile einstellen müssen, ist leider nicht mehr möglich. So muss oder darf meine Frau jetzt immer ohne mich fahren. Tanzen aber tun wir leidenschaftlich, natürlich die letzten zwei Jahre sehr eingeschränkt, Corona-bedingt. Unter der Leitung von unserem Tanzlehrer, Sigi Walter, haben wir die Tanzgruppe gegründet und sind mittlerweile sechs Paare, die sich normal jeden zweiten Freitag im Gemeinschaftsraum des Feuerwehrhauses treffen. Das sind immer wirklich schöne Abende mit einem Mix aus tanzen und gemütlichem Beisammensein. Uns fehlt das allen sehr und wir freuen uns schon, wenn es hoffentlich recht bald wieder losgeht.

Du warst ja auch Vorstand beim TSV Jesenwang
Richtig, acht Jahre, von 2004 bis 2012. Es ist uns damals gelungen, die Kosten unter Kontrolle zu bringen und alles etwas zu straffen.

Man muss immer auf die Ausgaben achten und dabei auch die Mitglieder mitnehmen, um sie für das Thema zu sensibilisieren. Parallel dazu ist es aber notwendig, Neues anzustoßen und voranzutreiben, genauso wie bestehende Aktivitäten und Abteilungen zu unterstützen.
Wichtig ist zudem, den Nachwuchs zu fördern und aufzubauen, wie über das Ehrenamt passende Mitglieder zu finden, die sich im Verein engagieren und Verantwortung übernehmen. Diesen Spagat an Aufgaben zu bewerkstelligen, ist durchaus eine Herausforderung – jedoch eine, die mir viel Freude bereitete. Man kann, ja muss sogar kreativ sein, um den Verein für die Zukunft so aufzustellen und zu positionieren, dass er auch für die nächsten Generationen attraktiv bleibt. Unterm Strich glaube ich schon behaupten zu können, dass uns dies im Verbund mit meinen Vorstandskollegen ganz gut gelungen ist und so blicke ich gern und auch mit etwas Stolz auf diese Zeit zurück.
Ganz besonders freut mich auch, dass ich in dieser Zeit die Flutlichtanlage am großen Fußballplatz sowie auch am Beachvolleyballplatz verwirklichen konnte.
Bei den Theateraufführungen des TSV bin ich nun seit einigen Jahren im Bühnenbau-Team tätig.

Hast du auch einige Leidenschaften deines Vaters übernommen? Er hat doch über viele Jahre in einem Art Archiv Unterlagen und Informationen über Jesenwang gesammelt.
Ja, mein Vater hat das sehr strukturiert, mit viel Geduld sowie Akribie betrieben und dabei viele Dokumente über Jesenwang und örtliche Vereine gesammelt und dokumentiert, bis hin zu alten Feldpostbriefen aus den Kriegen. Viel davon ist noch in alter Schrift und dadurch sehr schwer bis gar nicht lesbar. Diese Passion hat sich aber nicht auf mich übertragen.

Dein Großvater hatte eine Wagnerei, du unterstützt heute noch den Willibaldsverein mit zwei Wägen.
Es handelt sich dabei eigentlich um Arbeitswägen, mit denen ich unterm Jahr im Holz arbeite oder auch mal Baumaterial transportiere, mit meinem Oldtimer Bulldog. Mein Vater war ja anfangs auch Wagner, solange der Beruf noch benötigt wurde. Er hatte über vierzig Jahre Pferde, ist viel mit seiner eigenen Kutsche gefahren und früher auch geritten. Er war zudem sehr stark beim Willibaldsritt und Willibaldsverein engagiert, hat Wägen gewartet und restauriert und auch seinen Truhenwagen selbst gebaut. Meine Wägen halte ich jetzt in Schuss und baue sie immer für den Willibaldsritt um. Auf einem fahren die Fahnenabordnungen der Jesenwanger Vereine, auf dem anderen steht das Modell der Willibaldskirche. So wird das Vermächtnis meines Vaters fortgeführt und ich kann damit auch ein Stück weit dazu beitragen, dass das schöne Brauchtum des Willibaldritts aufrecht erhalten bleibt. Noch eine Tradition, die wir fortführen:

Die Familie Schellmann steckt bereits seit über drei Jahrzehnten die Rosetten beim Willibaldsritt an die Halfter der Pferde.

Du bist auch ohne deine Wägen viel unterwegs und reist gerne. Was sind deine Lieblingsziele?
Ja, das liebe ich wirklich. Wir waren mit Freunden schon mehrfach in der Karibik; ich war auch in den Metropolen der Ostsee bis St. Petersburg und auf Mauritius. Mein Lieblingsreiseland aber ist die Türkei, dort war ich schon ca. zwanzigmal. Ich liebe das Land, seine Kultur, die netten Menschen und ihre herzliche Gastfreundschaft. Was mich aber wirklich sehr und vor allen Dingen unerwartet faszinierte, ist der Oman. Er liegt auf der Arabischen Halbinsel, umfasst Wüsten, Oasen in Flussbetten aber auch eine lange, wunderschöne Küste entlang des Persischen Golfs, des Arabischen Meers und des Golfs von Oman.
In der Hauptstadt Maskat, mit ihrem Hafen, befinden sich imposante, moderne Gebäude, alte, noch sehr ursprüngliche Viertel und große Märkte. Man taucht da wirklich ein in eine vollkommen andere Welt, einen kulturellen Mix aus Moderne, aber auch Tradition und Orient aus 1001 Nacht. Egal ob ein Strandspaziergang bei Sonnenuntergang, eine Einkaufstour, die Düfte auf einem Gewürzmarkt oder die Jeepsafari zu einer Kamelfarm mitten in der Wüste, es ist für jeden etwas dabei. Die Menschen dort sind sehr freundlich und es ist noch nicht zu touristisch. Leider wissen die wenigsten, mich vor meiner Reise eingeschlossen, viel über das Land. Ich kann einen Urlaub dort wirklich nur wärmstens empfehlen und werde auch selbst den Oman bestimmt mal wieder bereisen.

Du arbeitest auch viel mit Holz, wie kam das?
Begonnen hat das Ganze mit dem Weihnachtsmarkt der Gemeinde, welcher alle drei Jahre stattfindet. Ich wollte da auch einen Beitrag leisten, damit der Markt attraktiv wird für die Bürger und dabei helfen, dass auch Einnahmen generiert werden. Von meinem Vater habe ich ja eine große Werkstatt mit den erforderlichen Werkzeugen und Maschinen. Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Tanzgruppe, wir sind ja alle sehr gut befreundet, beginnen wir im Herbst und fertigen Birkenkerzen, Bilder oder Rahmen aus Holz. Diese verkaufen wir am Weihnachtsmarkt und die Einnahmen stiften wir dann über den TSV wiederum an die Gemeinde für soziale Zwecke. Auf diesem Weg haben wir bis jetzt schon über 2.000, –Euro zusammen erwirtschaftet und wir haben Spaß und Freude an unseren gemeinsamen Projekten.

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Mittlerweile aber fertige ich fast ganzjährig Elemente aus Holz und produzierte vor kurzem daraus Osterhasen, Herzen, Schmetterlinge usw. und ich drechselte Eier und Schneemänner aus Holz. Dazu verwende ich Buche, Esche, Apfel-, Birn-, Nussbaum, Tanne sowie verstockte Weide und Birke.

Oft inspiriert mich meine Frau anhand von diversen Vorlagen oder Zeichnungen zu weiteren Holzarbeiten. Wenn sie aber dann mit meinen Kreationen nicht zufrieden ist, kann ich die Teile auch im Kachelofen in der Werkstatt verschüren und es macht wenigstens warm. So wurde das Hobby zu einem ständigen Begleiter und macht mir inzwischen sehr viel Spaß. Zudem nutze ich so die Räumlichkeiten und das Werkzeug meines Vaters und auch das ist ein schönes Gefühl. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass ich dadurch oft an der frischen Luft im Wald bin, beim Sammeln von Holzstücken, die ich weiterverarbeiten kann.

Du kennst dich ja eh gut aus im Wald, denn du sammelst ja auch Pilze.
Ja, das ist auch ein sehr schöner Zeitvertreib. Ich fahr da immer mit meinem Roller raus und sammle hauptsächlich Maronen, Steinpilze und Pfifferlinge. Interessant aber ist auch der Parasolpilz. Sein Name leitet sich von dem französischen Wort für Sonnenschirm ab. Hierzulande kennt man ihn als Riesenschirmling. Er ist nicht so bekannt wie die anderen Speisepilze, jedoch in Deutschland weit verbreitet. Unter Pilzsammlern gilt er wegen seines saftigen Fleisches und nussigen Geschmacks als besondere Delikatesse und dient manchem, richtig zubereitet, also paniert, als Schnitzelersatz. Mir aber ist da das Original immer noch lieber. In ca. zwei Stunden Sammeln kommt da schon einiges zusammen, ich hab da ja meine vier bis fünf geheimen Plätze, da finde ich eigentlich immer etwas.
Grundsätzlich jedoch hängt es auch stark vom Wetter ab, wie gut die Saison wird. Es sollte nicht zu nass, aber auch nicht sehr trocken sein. Bei mir als Mann, wir sind halt Sammler und Jäger, steht eh das Sammeln im Vordergrund und so versorge ich auch nicht nur meine Familie, sondern auch unsere Freunde mit frischen Pilzen. Meine Frau unterstützt das übrigens sehr, wenn ich auch Pilze verschenke, dann muss sie nicht alle putzen und zubereiten;-).

Was ist dein Lieblingsessen?
Ich liebe die Bayrische Küche und Fisch aller Art.

Entspannen kannst du beim?
Im Wald spazieren gehen und Schwammerl suchen oder mit Holz arbeiten. Regelmäßiges Fitnessstudio mit ausgiebig Sauna und zur Not lass ich mich auch beim Fernsehen berieseln.

Stolz bist du auf?
Ganz klar: meine Familie!

Was erwartest du vom KHV?
Das muss sich natürlich auch erst alles einspielen. Ich kenn das noch von meiner Zeit als TSV Vorstand, „Gut Ding will Weile haben“. Momentan passiert ja schon einiges und ich weiß auch, dass noch mehr in Vorbereitung ist und das finde ich richtig gut. Ich bin selbst auch Mitglied und überzeugt davon, dass der KHV seinen Platz in unserer Gemeinde finden wird. Grundsätzlich ist es immer spannend, wenn so ein neues Projekt angestoßen wird. Ich werde das mit großem Interesse weiterverfolgen und bin schon sehr gespannt, was noch alles kommt!

Hans, vielen Dank für deine Zeit.
Ich wünsche dir weiterhin eine ruhige Hand beim Drechseln, eine glückliche beim Pilzesammeln, immer das notwendige Taktgefühl und viel Spaß auf deinen Reisen!

(Bernd Schlemmer für den KHV)