Im Gespräch mit Barbara Sanktjohanser

Wir sprechen mit Barbara Sanktjohanser, politisches Urgestein aus Pfaffenhofen und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, über ihr politisches und soziales Engagement, beides Antrieb und wichtiger Bestandteil ihres ereignisreichen Lebens.

Grüß Gott, Frau Sanktjohanser. Ich habe mich natürlich im Vorfeld etwas über Sie erkundigt und dabei fiel des Öfteren der Name „schwarze Barbara“. Ich darf also davon ausgehen, dass Sie Ihre politische Heimat in der CSU fanden und noch immer haben?
Das ist absolut richtig und ich nehme den Parteinamen auch wörtlich. Christlich und sozial vereint ergibt eine erstrebenswerte Synthese und auch mein Leben war immer stark von diesen Werten beeinflusst.

Sie sind gebürtige Pfaffenhofenerin und leben dort auch schon Ihr ganzes Leben?
Ja. Wir sind alteingesessen und haben auch einen Hausnamen: Schmidn. Mein Vater war Schmied und übte den Beruf aus, bis er im zweiten Weltkrieg 1943 vermisst gemeldet wurde. Ich lebe schon immer in dem Anwesen, meine Tochter und ihre Familie sind im Allgäu beheimatet.

Welchen Beruf übten Sie aus?
Ich bin gelernte Kontoristin.

Entschuldigung für die Nachfrage, aber was genau macht eine Kontoristin?
Kontoristin ist ein Begriff für eine Angestellte, die Büro-, Registrations-, und Verwaltungsarbeiten erledigt. Die Berufsbezeichnung leitet sich von der veralteten Bezeichnung „Kontor“ für Büro ab. Ein Kontorist ist demnach eine Person, die in einem Büro arbeitet. Heute wäre die Berufsbezeichnung Sachbearbeiterin oder Büro- und Verwaltungsangestellte. Meine Ausbildung absolvierte ich bei einer religiösen Buchkunst-Verlagshandlung. Von 1953 bis zu meinem Renteneintritt in 1994 übte ich diese Tätigkeit bei einem renommierten Fotofachgeschäft in München aus. Ich war damit natürlich eine der dienstältesten Mitarbeiterinnen, auch etwas, auf das ich durchaus stolz bin. Dies gehört auch zu den Werten, die für mich wichtig sind und nach denen ich immer versuchte zu leben und zu handeln: Zuverlässigkeit und Loyalität, für mich die Basis jeder funktionierenden Beziehung, egal ob geschäftlich oder privat.

Sie waren schon immer politisch interessiert und auch schon früh aktiv. War das auch Ihrem Wunsch geschuldet, sich persönlich einbringen und mitgestalten zu wollen?
Genauso ist es. Bereits 1978 war ich Mitglied bei der CSU in München und damals durchaus so etwas wie eine Exotin, als Frau in der Politik. 1982 bin ich dann in den CSU-Ortsverband Jesenwang/Adelshofen (später Pfaffenhofen) eingetreten und durfte diesen auch zwölf Jahre als Vorstand leiten. Von 1996 bis 2002 war ich erstmals für die CSU im Gemeinderat. Meine zweite Amtsperiode begann dann 2007 als Nachrückerin für den damals leider verstorbenen Huber Grasser. Mitglied und Beisitzer bin ich auch bei der Frauenunion (FU), anfangs in Mammendorf, jetzt sind wir Teil der FU in Fürstenfeldbruck.

Wie lange gibt es denn die FU schon? Wir Bayern sind ja nicht gerade bekannt dafür, schon sehr früh und energisch für die Gleichstellung der Frauen eingetreten zu sein.
Ja, den Eindruck hat man, jedoch spiegelt das nicht ganz die Realität wider. Bereits sehr früh hat sich in Bayern eine Initiative für die Gleichstellung der Frauen gebildet. Der Gründungsbeschluss für eine eigenständige Frauen-Vertretung in der CSU fiel bereits 1947 in Eichstätt – also weit früher als in anderen Bundesländern. CSU-Frauen aus allen Teilen Bayerns waren daran beteiligt. Sie betonten den Anspruch der Mehrheit der Wähler der CSU, nämlich der Frauen, bedingt durch den Krieg, ihre Vorstellungen in die CSU einzubringen. Dr. Josef Müller, der damalige Parteivorsitzende, stellte fest, „[…] es ist Aufgabe der Frauen der Union, das ausgleichende Element zu sein und die Liebe in die Union hineinzutragen“, für mich ein sehr edles und ehrenwertes Ziel, welches nach wie vor seine Notwendigkeit besitzt!

Sie sind auch Delegierte im Bayrischen Landesfrauenrat. Was passiert da genau?
Der Bayerische Landesfrauenrat ist ein Zusammenschluss von über fünfzig Frauenverbänden und Frauengruppen gemischter Landesverbände und vertritt knapp vier Millionen Frauen in Bayern. Er ist überkonfessionell, überparteilich und unabhängig. Unser Ziel ist die Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen, wie die Verbesserung der Situation der Frauen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir tragen zur öffentlichen Meinungsbildung bei und geben Empfehlungen an Organe der Legislative und Exekutive in allen Fragen, welche die gesellschaftliche Situation der Frau betreffen. Zudem sind wir auch beratend tätig, u.a. auch für die Frauenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung.

Können Sie uns ein Thema nennen, wo Sie persönlich stark involviert waren?
Das war insbesondere der Bereich Gesundheit. Es wurde sehr lange nicht wirklich wahrgenommen und berücksichtigt, dass viele Krankheiten bei Frauen anders verlaufen. So wurde jahrzehntelang Forschung hauptsächlich an jungen, gesunden Männern betrieben und auch viele Medikamente und Therapien wurden meist an Männer getestet. Hier ein Bewusstsein zu schaffen, dass Frauen andere Behandlungen, Medikamente und auch frauenspezifische Dosierungen brauchen, war eine wichtige Initiative. So ist z.B. der Weg einer Tablette durch den Körper eines Mannes im Vergleich zu einer Frau unterschiedlich lang. Für die Wirkung eines Medikaments sind Enzyme wichtig, sie aktivieren im Körper die Wirkstoffe. Männer und Frauen haben Enzyme unterschiedlicher Menge. In welcher Dosierung die Wirkstoffe der Medikamente im Blut ankommen, hat daher auch mit dem Geschlecht zu tun. Zudem haben Frauen einen anderen Körperfettanteil und sind meist kleiner als Männer. Dadurch verteilt sich der Wirkstoff unterschiedlich im Gewebe und es kommt häufiger zu unerwünschten Nebenwirkungen.

Wo sind Sie noch aktiv?
Ich bin auch in der CSU-Arbeitsgruppe der Seniorenunion. Sie wurde 1988 als jüngste Vereinigung der CDU Deutschlands gegründet und verfügt deutschlandweit über mehr als 50.000 Mitglieder. Jedoch, und dies finde ich wirklich sehr gut, sind nur rund die Hälfte gleichzeitig Mitglied in der CDU. In die Senioren-Union können alle über Sechzigjährigen eintreten und das ist wirklich sinnvoll, denn es geht vorranging um Belange älterer und alter Menschen und nicht um die politische Gesinnung. Zudem war ich sechzehn Jahre in Mammendorf und Pfaffenhofen im Pfarrgemeinderat, bin seit 2003 Schülerlotsin in Pfaffenhofen und seit 2008 Mitglied im Historischen Verein Fürstenfeldbruck.

Zwei Projekte sind mir noch sehr wichtig:

1) Seit mittlerweile sechzig Jahren bin ich beim Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB), ein freiwilliger Zusammenschluss von Arbeitnehmern und Beamten in eigenständigen und unabhängigen Gewerkschaften. Mit über 280.000 Mitgliedern ist der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands der drittgrößte Gewerkschaftsdachverband in der Bundesrepublik.
Der CGB arbeitet seit über einhundert Jahren für das Gemeinwohl auf der Basis der christlichen Soziallehre und konnte, was viele Menschen nicht wissen, durchsetzen, dass Gewerkschaftspluralismus in Deutschland besteht. Nur durch Wettbewerb werden Gewerkschaften zu Höchstleistungen in der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen angespornt. Für mich ist das ein Herzensprojekt, denn man sollte bei Tarifverhandlungen auch immer an sein Gegenüber denken und nicht zu egoistisch sein. Nur wenn es auch den Arbeitgebern gut geht, werden die Arbeitnehmer langfristig profitieren. Ich würde mir daher bei diesen Themen etwas mehr christliche Werte und ein Mehr an Miteinander wünschen.

2) Bei der Deutschen Rentenversicherung bin ich seit fünfunddreißig Jahren als Beraterin tätig. Die Position wird durch die Sozialwahl bestimmt. Ich unterstütze dort im Auftrag des Christlichen Gewerkschaftsbundes Arbeitnehmer dabei, dass ihre Rentenansprüche lückenlos sind und sie ohne Abzüge den vollen Rentenanspruch geltend machen können. Zudem bin ich seit fünfundzwanzig Jahren Protokollführerin bei der Jugend- und Frauenreferentin des Landesverbandes.

Hut ab, Frau Sanktjohanser, das ist wirklich sehr beeindruckend, blieb aber natürlich auch nicht unbemerkt. Sie haben für Ihr Engagement ja auch schon, absolut berechtigt und verdient, einige Ehrungen und Auszeichnung erhalten.
Ja. An erster Stelle möchte ich hier natürlich das Goldene Bundesverdienstkreuz nennen. Dies wurde mir von Herrn Dr. Thomas Goppel auf Grund meines sozialen Engagements verliehen. Auch die Medaille, „München Leuchtet“, wurde mir aus demselben Grund verliehen. Zudem habe ich den Ehrenring der Industrie – und Handelskammer Bayern erhalten für meine fünfundzwanzigjährige Tätigkeit als Prüferin für Kaufmännische Ausbildungsberufe.

Es erfüllt mich schon mit Stolz, wenn etwas anerkannt und honoriert wird, in das man viel Zeit, Herzblut und auch Emotionen investiert!

Es gibt aber noch etwas, das außer Ihnen, unabhängig ob Mann oder Frau, wahrscheinlich noch nicht viele erreicht haben. Sie haben den Pfaffenhofener Dorfweiher mit einem Sautrog befahren und das sogar mit eigenem Gondolero, Alfons Schlecht, zweiter Bürgermeister von Jesenwang/Pfaffenhofen. Wie kam es zu dem Abenteuer und wie ging es aus?
Das war die Einlösung einer verlorenen Wette und der Ausgang war wie von mir befürchtet und von den Zuschauern erhofft, wir haben „Trogbruch“ erlitten und sind gekentert! Da aber, wie gewohnt, auch an jenem Tag ruhiger Seegang in unserem Weiher herrschte, habe ich schwer den Gondolero in Verdacht, dass er da seine Füße im Spiel hatte und tatkräftig beim Kentern mitwirkte ;-)!

Wie altert man so lebensfroh und agil wie Sie?
Man muss fit bleiben, Aufgaben haben und Dinge tun, die man gern macht und die einen vereinnahmen. Wichtig ist auch die innere Zufriedenheit. Ich bin glücklich, bereue nichts und freue mich auf alles, was noch kommt.

Was machen Sie, um mal zu entspannen?
Ich lese gern und bin da durchaus breit aufgestellt: Von der Bibel bis zu Liebesromanen und letztere mit großer Begeisterung!

Welche Erwartungen haben Sie an den Kultur- und Heimatverein Jesenwang/Pfaffenhofen?
Anfangs dachte ich, dass hier eine Konkurrenz entsteht, zu bestehenden Vereinen. Jetzt aber, da ich mehr über den KHV und seine Ziele weiß, finde ich die Initiative absolut positiv. Ich würde mich persönlich sehr freuen, wenn die neuen Aktivitäten auch dazu beitragen könnten, dass Jesenwang und Pfaffenhofen noch enger zusammenwachsen. Genau das passiert ja jetzt gerade mit den Böllerschützen, wo auch mehrere Pfaffenhofener mitwirken. Das finde ich sehr gut und richte meine Grüße auf diesem Weg an den KHV: „Viel Erfolg und macht weiter so!“

Liebe Frau Sanktjohanser, vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und bleiben Sie so, wie Sie sind, vor allen Dingen gesund!

(Bernd Schlemmer für den KHV)