Im Gespräch mit Familie Rosenwirth

Das Glück dieser Erde… Alexandra & Michael Rosenwirth aus Pfaffenhofen erzählen uns vom Glück auf dem Rücken der Pferde und warum sie sich schon sehr auf Nachwuchs freuen.

Familie Rosenwirth
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Servus Alexandra und Michael! Erzählt uns doch erstmal ein bisschen über euch, eure Familie und den beruflichen Werdegang.
Michael: Mein Lehrberuf war der KFZ-Mechaniker. Später dann kamen der Pferdewirt für Service und Haltung und der Landwirt hinzu. Zwischendurch machte ich auch noch die Ausbildung zum Staatlich Geprüften Wirtschafter für Landbau. Mittlerweile verfüge ich über dreißig Jahre Erfahrung in der Pferdehaltung. 2020 habe ich dann auch noch die Meisterprüfung absolviert und darf mich seither Pferdewirtschaftsmeister in der Fachrichtung Pferdehaltung und Service nennen. Bei uns bin ich hauptsächlich zuständig für das Management, die Fütterung und Versorgung der Pferde sowie die Bewirtschaftung von Ackerbau und Grünland.

Alexandra: Ich bin gelernte Arzthelferin, qualifizierte Erlebnisbäuerin und ärztlich geprüfte Ernährungsberaterin. Seit 1986 arbeite ich auf dem Hof mit bei der Ernte, Stallarbeit und allem, was so anfällt. Zudem bot ich von Oktober 2007 bis 2021 als Erlebnisbäuerin Pferdeerlebnis-Kurse, Kindergeburtstage und Projekttage für Kinder auf unserer Reitanlage an. Wir haben drei Kinder, Sarah, Jonas und Fabian. Sarah ist Trainerin C für Westernreiten und hilft uns vor allen Dingen im Pferdebereich. Fabian unterstützt uns im gesamten Bereich in der Landwirtschaft. Ein Familienbetrieb wie unserer funktioniert und trägt sich nur, wenn alle sich einbringen und mithelfen. Darüber sind wir sehr froh, denn das ist heute nicht mehr selbstverständlich.

Wie begann das eigentlich mit der Reitanlage in Pfaffenhofen? (Da dies ja kein Interview mit einer Person war, sondern ein sehr nettes Gespräch mit Alexandra und Michael, in dem sich immer beide zu den Fragen äußerten, werden die Antworten jetzt auch nicht einer Person zugeordnet)
Johann Rosenwirth, Vater von Michael, geboren in Gablingen im Landkreis Augsburg, hat den hiesigen Bauernhof 1962 mit seiner Frau gekauft. Haupteinkunft war damals die Milchviehhaltung. Als Freizeit und Hobbyzucht hatte er bereits von Anfang an eigene Pferde und ein bis zwei eingestellte Pferde zum Versorgen. Er fing auch damals schon an, Bayerisches Warmblut zu züchten. Anfang der 60er Jahre gab es noch ca. 0,8-1,2 Mio. Pferde in Deutschland, zehn Jahre später wegen der zunehmenden Mechanisierung nur noch ca. 0,3-0,4 Mio. Pferde. Heute gibt es wieder ungefähr 1,2 Mio. Pferde in Deutschland. 1987 wurde der Betrieb an uns beide übergeben. Zu Beginn hatten wir immer so ein bis zwei Pferde, 1991 waren es dann sieben Tiere. 1993 wurde bereits ein kleiner Offenstall gebaut. 1994 haben wir dann die Milchviehhaltung aufgegeben und nach einem Stallumbau auf die Pferdepension umgestellt. Von dieser Zeit bis heute gab es viele Neu- und Umbauten. Auch komplette Stallungen, die Reithalle, eine Longierhalle, Reitplatz oder der befestigte Ganzjahrespaddock wurden ganz neu gebaut.

Eure Anlage ist ja richtig groß. Was gehört da eigentlich alles dazu?
Unsere Reithalle ist 800qm groß und der Reitplatz mit Flutlicht umfasst gute 1000qm. Unser Ganzjahresauslauf hat 5200qm und die Longierhalle hat ca. 310qm. Zudem haben wir auf zwölf ha fünf große, weitläufige Koppeln zwischen 15000 und 35000qm. Unser befestigter Ganzjahresauslauf ist übrigens auch ein Alleinstellungsmerkmal, welches uns von anderen Reitanlagen unterscheidet. Regelmäßiger Auslauf auf ausreichend großen Flächen mit dafür auch geeignetem Untergrund ist wichtig für die Gesundheit sowie die Entwicklung der Tiere und schafft bzw. stärkt die sozialen Kontakte in der Herde. Im Schnitt werden die Pferde leider nur drei bis vier Kilometer am Tag geritten, möglich aber sind problemlos bis zu 40 Kilometer am Tag. Zudem bieten wir unseren Reitern in allen Stallungen verschließbare Sattelschränke, zwei große Innenputzräume und einen Außen-Waschplatz, überdachte Unterstände für Kutschen, eine frostsichere Futterkammer für individuelle Futtermischungen und eine Halle für Stroh und Heu. Auch für das Wohl, inklusive dem leiblichen unserer Reiter, ist gesorgt. Wir bieten ein nettes Reiterstüberl, einen gepflegten, behindertengerechten Sanitätsbereich, Stellplätze für Pferdeanhänger ferner genügend Parkplätze im Hof. Fühlt sich das Pferd wohl, geht’s auch dem Reiter gut und umgekehrt!

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Wie ist das eigentlich: Kommen die Pferde untereinander immer alle gut miteinander aus? Also auch die unterschiedlichen Geschlechter und Rassen oder gibt es da Positionskämpfe und Tiere, die aggressiv sind?
Klar, das Pferd ist auch nur ein Mensch ;-)! Wir haben eine große gemischte Herde mit Stuten (weibliche Pferde) und Wallache (kastrierte Hengste). Hengste können wir in unserem Herdenverband nicht einstellen, da junge Hengste bereits mit 12 Monaten schon geschlechtsreif sein können. So hätten wir in unserer gemischten Herde eine unkontrollierte Fortpflanzung. Außerdem brauchen junge Hengste für eine gute Entwicklung und das Sozialverhalten die Aufzucht unter Gleichaltrigen. Es heißt ja Pferdezucht und wie der Name schon sagt, ist die Zucht die gewollte Zusammenführung oder Erhaltung von bestimmten Merkmalen der Elterntiere. Das kann auch nur ein sehr ruhiges und ausgeglichenes Verhalten eines Elterntieres sein. Es gibt innerhalb der Herde auch Untergruppen und zwar teilweise farblich sortiert. Es passiert unter dem Strich eigentlich sehr wenig, wenn man die Größe der Herde und das Temperament, wie Gewicht und Kraft der Tiere bedenkt. Wichtig ist, dass die Herde genügend Platz zum Bewegen, Spielen und Ausweichen hat, und genügend Futterplätze, dass es wenig Stress für die Pferde gibt. Die medizinische Versorgung für Pferde hat in den letzten Jahren auch große Fortschritte gemacht. Optische Verfahren wie eine Bronchoskopie der Atemwege oder Röntgen werden heutzutage im Stall gemacht. In speziellen Pferdekliniken stehen heute auch MRT und CT zur Verfügung. Und Knochenbrüche oder ein Sehnenriss bedeuten heutzutage nicht mehr unbedingt, dass ein Pferd eingeschläfert werden muss – Gott sei Dank!

Wieviele Pferde sind momentan bei euch untergebracht und was bietet ihr rund um die Unterbringung noch an?
Wir haben Platz für an die fünfzig Pferde. Diese müssen täglich gefüttert und natürlich auch jeden Tag ausgemistet werden. Als Futter haben wir Kräuterwiesenheu, Heulage und Grummet im Eigenanbau wie Hafer und geschroteten Mais, außerdem einen Karotten-Lieferservice. Zusätzlich können unsere Einsteller ihr Futter von Kraft-, Mineral-, und Müsli individuell zusammenstellen. Zur Einstreu können die Reiter wählen zwischen Stroh im Eigenanbau oder entstaubte Hobelspäne für lungenkranke Pferde.

Habt ihr auch Kurse für die unterschiedlichsten Reitdisziplinen oder den richtigen Umgang mit den Tieren?
Ja, sowohl als auch. Es werden mehrere Kurse pro Jahr zu den unterschiedlichsten Inhalten organisiert und angeboten, z.B. Working Equitation, Sitzschulungskurs, Roger Kupfer Kurs…

Westernreiten ist ja in letzter Zeit oft ein Thema in der Presse, bedingt durch die Frau und Tochter von Michael Schumacher. Was genau versteht man darunter?
Das Westernreiten hat seinen Ursprung in Amerika. Für die Cowboys gehörte es zum Alltag, bis zu 16 Stunden täglich auf dem Pferd zu sitzen. Deshalb brauchten sie ein ausdauerndes Pferd, damit sie es auch den ganzen Tag reiten konnten. Im Westernreiten reitet man einhändig, das kommt daher, dass die Cowboys eine Hand brauchten, um das Lasso zu halten. Von einfachem Reiten in den Grundgangarten bis hin zur hohen Schule, im Englischen Reitstil Dressur, wird beim Westernreiten eine große Bandbreite des Könnens verlangt. Dies alles ist stark beeinflusst von der Iberischen Reitweise, die als Ursprung jeder Reitkunst bezeichnet werden kann. Es gibt dann die unterschiedlichsten Bereiche und Disziplinen, ein sehr anspruchsvoller und interessanter Sport für Mensch als auch Tier.

Wieviel schlafen Pferde eigentlich und liegen sie dabei?
Man unterscheidet zwischen Dösen und Schlafen und dabei gibt es zwei verschiedene Schlaf-Phasen: SWS-Schlaf (leichterer Schlaf) und REM-Schlaf (totale Entspannung). Der REM-Schlaf ist lebenswichtig zur Regeneration, dauert oft nur fünfzehn Minuten und dabei muss das Pferd liegen. Ansonsten können Pferde aufgrund der Spannsägen-Konstruktion ihrer Hinterbeine auch im Stehen schlafen. Je nach Alter und sportlicher Beanspruchung ist der Schlafbedarf unterschiedlich hoch.

Bei fünfzig Pferden und mindestens genauso vielen Reitern ist doch mit Sicherheit immer was los bei euch?
Definitiv, das ganze Jahr über und das ist auch gut so. Es ist uns, aber auch unseren Reitern wichtig, dass man gut miteinander auskommt, eine freundschaftliche Atmosphäre herrscht – auf und neben der Koppel – und eben auch viel miteinander unternommen wird. Wir organisieren immer einen Frühjahrsritt mit anschließendem Essen, einen Gaudi- und Osterhasenritt, Kaffee & Kuchen-Termine, Stallputztag mit anschließendem Essen, Teilnahme am Willibaldsritt, Schnitzeljagd, Stallgrillen, mehrmals jährlich Brunch und natürlich eine Weihnachtsfeier. Man kann also sagen, bei uns rührt sich immer etwas. Das ist aber auch nur dann in solchem Umfang möglich, wenn die Veranstaltungen von allen gut angenommen werden, weil die Leute sich gut verstehen und daher gern auch privat Zeit miteinander verbringen!

Was waren oder sind denn für euch richtige Highlights auf dem Hof, auf die ihr immer gern zurückblickt?
Da fällt uns z.B. der erste gemeinsame Koppelgang jedes Jahres ein, wenn alle 50 Pferde voller Freude auf die Koppel galoppieren. Im Jahr 2000 der Bau der Reithalle und der dazugehörigen Paddockboxen war ein Highlight. Auch an das Jahr 2016 denken wir immer wieder gern zurück. Damals hatten wir erstmals alle Pferde auf den neuen Ganzjahrespaddock getrieben, ein unvergessliches Erlebnis, gemischt auch mit Stolz auf das Erreichte, das neu Geschaffene!

Jetzt seid ihr ja auch schon in einem Alter, in dem euer Nachwuchs schon fleißig mitgaloppiert. Was ist bei euch in nächster Zukunft so geplant?
Wir treiben bereits die betriebliche Umstrukturierung voran. Alles jedoch auf Basis einer Evolution und im Moment ohne tiefgreifende Veränderungen. Dabei denken wir u.a. an den Bau einer Trockenvergärungsanlage. Mit dieser könnten wir unseren anfallenden Stallmist energetisch verwerten. Zudem freut es uns auch, zu sehen, dass unsere Kinder sich einbringen und den Betrieb für die Zukunft mitgestalten wollen.

Wir hatten es ja ganz kurz im Ankündigungstext erwähnt: Ihr plant wieder Nachwuchs.
Ja, allerdings sind wir mit unserer Familie wirklich zufrieden, so wie sie ist. Wir wollen zukünftig mit unserer Quarter-Horse-Stute beginnen zu züchten und freuen uns schon sehr darauf!

Ich habe während unseres Gespräches den Eindruck gewonnen, ihr liebt wirklich sehr, was ihr tut. Es ist für mich immer wieder schön, zu sehen, wenn bei Menschen der Beruf noch von Berufung kommt und sie sich, so wie ihr beide, total und mit viel Herzblut für das begeistern, was sie tun!
Ja, sonst könnten wir das so nicht machen. Der Arbeitstag ist lang, beginnt um 6.00 Uhr und um 18:00 Uhr ist er noch nicht zu Ende. Die Wochenenden in der üblichen Form kennen wir auch nicht. Uns ist aber wichtig und das versuchen wir umzusetzen, dass sich Tier und Mensch bei uns wohlfühlen. Die Pferde und deren artgerechte Haltung stehen bei uns immer im Vordergrund, aber auch die persönliche und familiäre Atmosphäre für Reiter und Besitzer liegen uns sehr am Herzen. Daher kommt auch unser Motto: „Was auch immer du tust, mache es mit Freude und Liebe zu Mensch und Tier.“ Wenn du jetzt bereits nach unserem kurzen Gespräch fühlst, dass es sich dabei nicht um einen Marketing-Slogan handelt, sondern von uns genauso gelebt wird, freut uns das natürlich sehr!

Wie steht ihr zum KHV, Michael, du bist ja auch Mitglied.
Wir finden das beide sehr gut, vor allen Dingen die Goaßler und Böllerschützen. Beides gab es ja noch nicht und stellt daher definitiv eine Bereicherung für das kulturelle Leben unserer Gemeinde dar. Wir würden uns wünschen, dass auch viel auf Kinder Ausgerichtetes kommen wird und wünschen dem KHV gutes Gelingen und viele tolle Ideen!

Liebe Alexandra, lieber Michael, herzlichen Dank für die wirklich interessanten Einblicke in die Welt der Pferde und die Abläufe einer Reitanlage. Da durfte ich wirklich viel lernen. Ich wünsche euch Hals- und Beinbruch und dass ihr zukünftig öfter mal die Füße stillhalten könnt, da euer Nachwuchs ja bereits mit den Hufen scharrt!

(Bernd Schlemmer für den KHV)