Im Gespräch mit Martin Schmid

Martin Schmid, Vorsitzender des Freundeskreises St. Willibald, erzählt uns u.a. von seiner Liebe zur Heimatunseren Bräuchen sowie Traditionen und warum er schon lange auf regional und saisonal setzt, ganz unabhängig von seinem Speiseplan.

Martin, habe die Ehre! Du bist gebürtiger Jesenwanger und auch hier aufgewachsen, lebst aber seit einigen Jahren in Grunertshofen.
Ja, wir wohnen dort seit 2011 mit unseren sechs- und neunjährigen Töchtern.

Du arbeitest bei der Sparkasse. Schon dein ganzes Berufsleben?
Genau, ich habe bei der Sparkasse in der Zweigstelle FFB-Nord eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert und war danach von 1999 bis 2017 in Maisach in unterschiedlichsten Bereichen und Funktionen tätig. Seit 2018 bin ich jetzt in Fürstenfeldbruck in der Zentrale im Bereich „Private Banking“ tätig.

Gott schütze die Anglizismen. Was genau bedeutet „Private Banking“?
Unter „Private Banking“ versteht man im Bankenwesen sämtliche Finanzdienstleistungen, die Kreditinstitute strategischen Kunden anbieten. Für uns bei der Sparkasse bedeutet dies, besondere Anforderungen verdienen eine besondere Beratung: Wir verbinden kompetente Vermögensberatung mit nachhaltigen Werten und persönlicher Nähe. Als regionales Kreditinstitut unterstützen wir gezielt die Menschen und Unternehmen vor Ort. Die Kombination aus lokaler Verbundenheit und weltweiter, nachhaltiger Wertschöpfung unterscheidet unser „Private Banking“ von dem anderer Finanzinstitute. Zu unserem Investitions-Portfolio gehören die Vermögensoptimierung, das Generationenmanagement und die Altersvorsorge genauso wie Anlagemöglichkeiten in Immobilien, Wertpapiere und Edelmetalle. Dies alles bieten wir über unser Team mit sechzehn Beratern für Geschäftskunden sowie auch Privatpersonen. Wir haben immer feste Ansprechpartner für unsere Kunden und kennen so ihre Ziele und Bedürfnisse genau. Bei uns deckt jeder grundsätzlich alle Bereiche ab, jedoch haben wir alle auch noch unsere Spezialgebiete – meine sind Immobilien und Wertpapiere.

Martin, danke für die Werbepause. Jetzt möchten wir dafür aber zumindest einen kostenlosen Anlagetipp. Was glaubst du, sind momentan die wichtigen Zukunfts- und Wachstumsmärkte mit noch genügend Wachstumspotenzial?
Ich glaube, dass alles, was mit Anwendungen für das tägliche Leben, also Gesundheitswesen, Erneuerbare Energien und Künstliche Intelligenz, zu tun hat, sich auch über die nächsten Jahre gut entwickeln wird. Mehr darüber gern in einem persönlichen Gespräch;-)!

Nun zu weniger erfolgreichen Entwicklungen: Wie verlief deine Fußballkarriere?
Sehr regional, also in Jesenwang, durchaus erfolgreich – im Rahmen meiner Möglichkeiten! Da ich sehr heimatverbunden bin, habe ich auch meine ganze Laufbahn in Jesenwang bestritten und nie eine internationale Karriere angestrebt. Leider hatte ich 2011 einen Kreuzbandriss mit Knorpelschaden, was mein Karriereende bedeutete. So hätte ich also meinen Traum vom Profifußball eh nicht mehr verwirklichen können.

Du warst aber parallel zu deiner aktiven Laufbahn auch schon Jugendtrainer?
Richtig, mir hat Skilehrer im Winter so gut gefallen, da wollte ich auch anderweitig etwas mit Kindern und Jugendlichen unternehmen. Eine Aufgabe, die mir wahnsinnig viele Freude bereitet hat. 2005 habe ich als Jugendtrainer begonnen und das dann bis 2016 gemacht. Wir waren da immer zu zweit im Trainerteam und ich durfte mit Jesenwanger Koryphäen und Sportlegenden wie Helmut Stumper, Uli Drexler, Jürgen Fraunhofer, Olli Gschossmann sowie auch mit meinem Bruder Christoph gemeinsam die Mannschaften betreuen. So war stets auch für genügend Spaß und Abwechslung gesorgt. Wir hatten zu der Zeit immer ausreichend fußballbegeisterte Kinder aus Jesenwang und brauchten daher nie eine Spielgemeinschaft bilden. In einem E-Jugendjahrgang hatten wir sogar mal zwei Mannschaften in einer Saison am Start. Die sportliche Krönung durften wir dann mit einem D-Jugend Team erleben, als wir in der Saison Meister wurden. Wenn du über 10 Jahre mit jungen Menschen aus Jesenwang auf dem Fußballfeld stehst, sind dies so tolle Verbindungen, die halten ein Leben lang. Darum bin ich ganz froh, dass ich derzeit als Turnhelfer beim „Claudia-Turnen“ dabei sein darf.

Du bist ja auch eine Jesenwanger Theaterlegende. Legendär zumindest dahingehend, weil du, soweit ich mich erinnern kann, und ich gehe auch schon Jahrzehnte in Jesenwanger Aufführungen, die erste zumindest halbe Nacktszene in unserer Theater-Geschichte gespielt hast.
Ja, dafür braucht man nämlich den entsprechenden Körper, ausreichend Courage und eine tolerante, nicht zu eifersüchtige Partnerin. So war ich also geradezu prädestiniert für den Auftritt. Oder wie es bei der Rolle wirklich war: „Wir finden keinen Spieler, du musst unbedingt spielen, sind auch nur wenige Einsätze!“ Theater spiele ich schon seit Anfang der 2000er, in letzter Zeit jedoch nur noch so im Zweijahres-Rhythmus oder wenn Not am Mann ist.

Gibt es auch Lieblingsstücke, an die du besonders gern zurückdenkst?
Schwierig, weil wir schon wirklich spezielle Stücke aufgeführt haben, die sonst keiner spielt, aber es gab schon ein paar besondere. Ich denke da spontan an „Sturm vor Sansibar“, „Darf ich bitten“ und auch „Texas, ich komme“ und auch die „Treibjagd“ war sehr cool. Bei uns ist das schon einmalig. Wir haben ja nicht nur eine Theatergruppe im Ort, sondern mehrere und alle spielen auf höchstem Niveau und bieten beste Unterhaltung. Gute Schauspieler und tolle Theaterleitungen hatten wir eh immer. Auch der Bühnenbau in Jesenwang ist sensationell und sucht seinesgleichen in unserer Umgebung. Das kann ich wirklich gut beurteilen, weil ich gern und oft auch Aufführungen anderer Theatergruppen in unserer Gegend besuche. Eine gute Handlung, auch mit Botschaft, ausgefallene Kostüme und dazu noch die passende Musik – das im Paket macht den Unterschied. Dies alles ist dann beispielsweise bei „Sturm von Sansibar“ zusammengetroffen. Verstärkt in seiner Wirkung auch noch durch die damals neu angelaufene „Fluch der Karibik“-Filmreihe, also auch der Termin war zeitlich perfekt.

Schaust du auch gern Bayrische Theater im Fernsehen?
Nein, gar nicht. Wie erwähnt gehe ich gern zu Aufführungen hier bei uns, z.B. nach Machtlfing, Steinbach oder Mammendorf.

Was machst du, wenn du mal keine Lust auf Theater hast?
Ich geh gern radeln. Früher waren die Touren länger, von der Strecke. Heute ist das alles natürlich etwas gemütlicher, mit der Familie, ganz ohne Zeitdruck oder Ziele. Ich wandere auch sehr gern, zurzeit auf Almtouren zur Vroni, meiner Cousine, z.B. über dem Bächental in ruhiger Idylle.

Du bist auch ein Schuahplattler, wie kam das?
Angefangen hat das mit einer Hochzeitseinlage. Seitdem machen wir das immer wieder mal. Leider nur sporadisch, zeitbedingt. Anlässe sind z.B. diverse Feiern oder auch der Willibald-Hoagart. Wir hatten aber auch schon einen Auftritt anlässlich der Einweihung des Hubschrauberlandeplatzes im Klinikum FFB auf dem Dach des Krankenhaus-Gebäudes. Nie vergessen werde ich auch unsere Einlage bei einer der ersten Veranstaltungen vom Gasthaus Fischer in Stegen. Da sind wir auf einer Hochzeit mit jeder Menge internationaler Gäste aufgetreten. Viele Leute kannten sowas daher gar nicht und waren richtig begeistert. Da der Fischer noch nicht komplett ausgestattet war, gab es keine Schnapsgläser und so mussten wir den Schnaps halt dann gezwungenermaßen aus Weingläsern trinken – nicht unbedingt empfehlenswert, jedoch sehr wirkungsvoll!

Wie entstand eigentlich deine Liebe und Begeisterung zu Brauchtum und Heimat?
In der Grundschule in Jesenwang haben wir bei unserem damaligen Lehrer, Herrn Krutzenbichler, viel über die Historie und Geschichte unserer Gemeinden gelernt und diese Themen haben mich damals schon sehr interessiert. Auch mein Opa hat mir viel über Jesenwang, seine Geschichte und wie es damals halt so war, erzählt. Das hat mich mit Sicherheit als kleiner Junge geprägt und beeinflusst.

Bist du dann immer auch viel in unserer Gegend unterwegs und besuchst lokale Veranstaltungen?
Absolut. Früher ging ich auch sehr gern auf die Wiesn, mittlerweile ziehe ich da aber regionales, wie z.B. das Almfest in Unteralting vor. Da habe ich einfach das Gefühl, dass es noch ursprünglicher ist, authentisch und für die Menschen vor Ort gemacht. Ich besuche auch gerne Leonhardifeste, Aufführungen regionaler Trachtenvereine, die auch beim Willibaldsritt mitwirken, oder Auftritte der Blaskapelle Maisach. Es zieht mich auch nicht in die große weite Welt. Für mich ist es mittlerweile Teil meiner Lebensphilosophie geworden, die schönen Dingen vor Ort zu schätzen, zu genießen und gern zu unterstützen, sei es auch nur durch unsere Anwesenheit. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?

Du bist erster Vorstand beim Freundeskreis Willibaldverein. Wie ist das gekommen?
Mein Vater war und ist dort bereits sehr aktiv und engagiert und so war ich da eben auch schon als kleiner Junge immer mit dabei. Da ich schon fünf Jahre Kassierer bei den Burschen war, wurde ich gefragt, ob ich das nicht auch beim Freundeskreis machen könnte, und so bin ich 2001 Mitglied und auch gleich Kassierer geworden. 2008 wurde ich zweiter und dann 2014 erster Vorstand.

Was waren ganz persönliche Höhepunkte deiner Vorstandschaft?
Da gibt es einige: Die Abnahme der Römerstraße, die Bearbeitung des Lackprofils, das dann in der Vitrine vor der Kirche platziert wurde. Oder das wiedergefundene Votivbild, welches in den 70er- Jahren gestohlen und von einem Kunstsammler 2012 auf einer Auktion in Wien entdeckt wurde. Er hat das Bild gekauft, restaurieren lassen und dann der Kirche geschenkt, eine gute Tat und eine wirklich tolle Geste. Interessant fand ich auch, als wir 2012, anlässlich des dreihundertjährigen Gelöbnisses, ein Bild mit Einschusslöchern entdeckten. Angeblich deshalb, weil früher so die Vögel vertrieben wurden. Eine tolle Auszeichnung war der Oberbayrische Heimatpreis in 2018, verliehen vom damaligen Heimat- und Finanzminister Markus Söder. Absoluter Höhepunkt aber ist die Aufnahme des Willibaldritts in das Deutsche Immaterielle Kulturerbe. So eine Auszeichnung muss man auch erstmal etwas sacken lassen: Als kleines Jesenwang in das deutsche Kulturerbe aufgenommen zu werden! Dessen Bedeutung muss man sich erstmal bewusst werden. Es bedeutet auch eine wichtige Aufgabe für die Zukunft: Wir müssen die Menschen weiterhin mitnehmen, um das Gelöbnis von 1712 aufrechtzuerhalten. Es ist ohnehin nicht mehr so einfach wie früher. Hier denke ich z.B. an die Pferdebesitzer aus Jesenwang, die rar geworden sind. Hut ab vor allen, die sich damit auskennen und das weiter unterstützen, um den Fortbestand dieser Traditionen zu ermöglichen.

Wie kam die Aufnahme in das nationale Kulturerbe zu Stande?
Nach der Aufnahme in das bayerische Landesverzeichnis für Immaterielles Kulturerbe vor zwei Jahren bewilligte die Kultusministerkonferenz heuer nun auch noch die Aufnahme in das nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Ich hätte angesichts der hohen Anforderungen nicht gedacht, dass uns dies nach der Aufnahme in die Bayernliste auch noch auf Bundesebene gelingt. Eine tolle Auszeichnung und große Ehre für alle Beteiligten, die sich über viele Jahre mit viel Zeit, Leidenschaft und Herzblut einbringen. Diese Auszeichnung jetzt zu erhalten, im Jahr des 300. Ritts, passt natürlich perfekt. Mein Ziel ist dann auch für den Ritt heuer, dreihundert Reiter und Pferde als Teilnehmer zu haben, die das Jubiläum mit uns feiern!

Du bist auch ein Gründungsmitglied beim KHV…
Natürlich. Ich wurde vor einiger Zeit über das Vorhaben des KHV informiert und die Pläne gefielen mir sehr gut. Ich finde, dass der KHV eine gute Ergänzung zu unserem Angebot im Ort sowie unserer Umgebung darstellt, weil neue Ideen umgesetzt werden und Altes bewahrt oder wiederbelebt wird.

Lieber Martin, danke für deine Zeit. Ich wünsche dir noch viele tolle kulturelle Ereignisse, herausfordernde Theaterrollen, ausgiebige Wandertouren und mindestens dreihundert Pferde zum Jubiläumsritt bei schönstem Wetter! (Bernd Schlemmer für den KHV)