Im Gespräch mit Rosemarie Fastl

Theaterleiterin und Manuskriptautorin aus Jesenwang

Rosemarie, du bist ja jetzt schon seit Jahrzehnten in unterschiedlichsten „Rollen“ fest in der Jesenwanger Theaterszene verwurzelt. Woher kommt deine Leidenschaft und wie begann das alles?

Mein Vater war schon begeisterter Theaterspieler und so habe ich die Leidenschaft zum Theater schon früh gespürt und auch für mich entdeckt. Ich hatte schon als kleines Kind Freude daran, Menschen zu unterhalten. Bereits im Alter von sieben Jahren fing ich an, eigene Gedichte zu schreiben und vorzutragen. Auch in der Realschule war ich immer diejenige, die Gedichte aufsagen musste bzw. durfte. Das erste Mal als Spielerin auf der Bühne stand ich dann im Alter von achtzehn Jahren beim Veteranenverein. Ich habe dann, bis ich erstmals Mutter wurde, regelmäßig gespielt, auch beim TSV, wo mein Bruder Hans Stangl Regisseur war. Auch er hat die Passion wohl schon in die Wiege gelegt bekommen und ist immer noch ein großer Theater-Liebhaber. Nun spielen wir im Dezember ein zweites Kindertheater und der Anstoß für beide Aufführungen kam jeweils von meinem Bruder Hans.

Hans ist es auch zu verdanken, dass sich in Jesenwang ein neuer Theaterstil durchgesetzt und etabliert hat. Er hat damals begonnen, Theater von Peter Landstorfer aufzuführen.

Dessen Stücke waren ganz anders als die bis dato immer gezeigten Herz-Schmerz-Liebesbeziehungen. Landstorfer-Stücke sind mal lustig, mal ernst, immer mit gewissem Tiefgang und einer Botschaft, damals etwas ganz Neues, ein völlig anderer Stil.

Was war dein erstes selbstgeschriebenes Stück?

Das war „Leben und leben lassen“. Dieser Titel ist übrigens auch mein Lebensmotto. Jeder soll doch bitte so leben können, wie es ihm gefällt und nach seiner Fasson glücklich werden, solange er andere dadurch nicht behelligt. 
Interessant finde ich auch, diese Redewendung stammt aus dem Theaterstück „Wallensteins Lager“ aus Friedrich Schillers „Wallenstein“ Trilogie. Es stecken also immer schon viele Wahrheiten und Botschaften in Theatern. Die ersten wirklich bedeutsamen Aufführungen, die Theater der griechischen Antike, prägten für nahezu tausend Jahre die Kulturgeschichte Griechenlands. Sie gelten zudem als Ursprung der abendländischen Theaterkultur und hatten bereits früh auch politische Bedeutung. Zurück nach Jesenwang.  Bei „Leben und leben lassen“ führte mein Bruder Hans Regie und ich habe mitgespielt. Das erste Stück, in dem ich dann nicht mehr auf der Bühne stand und nur die Theaterleitung hatte, kam 2001 zur Aufführung: „Transsilvanien in Bayern“. Da kam es auch erstmals zu einem Einmarsch der Theaterspieler durch die Zuschauer hindurch auf die Bühne. Die Idee, eine Interaktion zwischen Publikum und den Spielern zu schaffen, wurde dann noch öfter umgesetzt und war immer eine Bereicherung für die Aufführungen. Ich habe dann zehn Jahre für den TSV geschrieben und hatte die Regieleitung. Zudem leitete ich bei Aufführungen des Veteranen – und Gesangvereins die Regie.

Woher kommen eigentlich deine Ideen?
Aus dem Nichts und immer sehr spontan. Oft wache ich auf und habe eine Idee. Parallel dazu denke ich immer auch gleich über die Besetzungen und Schauspieler nach, welche für das Stück am besten geeignet sind. Es macht ja keinen Sinn, ein Singspiel für dreizehn Frauen zu schreiben, wenn ich keine dreizehn Frauen habe, die singen können. Ich mache mich dann auch gleich an die Arbeit für das Drehbuch. Dabei verlasse ich mich rein auf meine Intuition und Erfahrung, ohne Ratschläge oder Einflüsse von außen. Nach ca. vier bis sechs Wochen ist das Drehbuch dann auch schon mehr oder weniger fertig.

Wie oder wo inspirierst du dich? Schaust du viel Fernsehen, gehst du ins Kino oder zu Theater-Aufführungen?
Nein, nichts davon. Ich lese viel und hole mir da teilweise Ideen wie Inspirationen für Geschichten und Inhalte, versuche aber immer auch das aktuelle Zeitgeschehen thematisch mit einzubauen. Natürlich will ich vordergründig unterhalten und die Leute auch zum Lachen bringen. Jedoch ist ein vor mehreren hundert Menschen aufgeführtes Theaterstück immer auch eine hervorragende Möglichkeit, gewisse Botschaften zu senden und zum Nachdenken anzuregen. Das funktioniert übrigens immer sehr gut. Ich kriege ja unmittelbares Feedback und bekomme mit, wie bestimmte Themen und Aussagen auch mal kontrovers interpretiert und diskutiert werden. Das finde ich gut, denn dann ist es uns ja gelungen, die Menschen zu erreichen und für gewisse Themen zu sensibilisieren.

Was ist eigentlich dein von dir geschriebenes Lieblingsstück?
„Texas, ich komme“. Da ging es um falsche Erwartungen und unerfüllte Träume bei einer USA Reise. Auch ein Stück, das zum Nachdenken anregen sollte.

Worauf liegt dein Fokus während einer Aufführung, achtest du auch immer darauf, wie das Publikum reagiert?
Nein. Ich konzentriere mich zu einhundert Prozent auf die Spieler und den Ablauf des Stückes. Natürlich ist es wichtig, dass es den Zuschauern gefällt, aber während der Aufführung sehe ich mich als Teil der Theatergruppe und will meinen Beitrag zu einer guten Aufführung leisten. Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen und mich recht herzlich bei allen Menschen bedanken, ohne die ein erfolgreiches Theater nicht möglich wäre. Zum einen die Schauspieler. Ich hatte immer das Glück, mit wirklich sehr talentierten und motivierten Darstellern arbeiten zu dürfen, die immer das optimale aus dem Stück rausholen. Zum anderen geht mein Dank an die Bühnenbauer. Wir haben oft auf drei! verschiedenen und perfekt gebauten Bühnen gespielt. Das ist nicht nur ein wahnsinniger Aufwand, sondern auch einmalig in unserer Umgebung. Ein herzliches Dankeschön an alle!

Jetzt im Dezember leitest du das zweite Kindertheater…
Ja. Vor drei Jahren spielten wir „Die kleine Honigbiene Nellie rettet die Welt“. Dieses Stück schrieb ich damals aus sehr aktuellem Anlass. Zu der Zeit war das Thema Bienensterben sehr präsent und hat viele Menschen erreicht, nachdenklich gemacht und zum Handeln animiert. Damals kam mir auch schon bald die Idee für das neue Theater:

„Die kleine Schneeflocke, ein abenteuerliches Wintermärchen“. In diesem Stück geht es um eine Schneeflocke, die eigentlich gern jemand anderes wäre. Auch ein Thema, welches viele Menschen umtreibt und berührt.

War es schwierig, genügend Kinder zu finden?
Nein, im Gegenteil, es haben sich dreiunddreißig Kinder gemeldet! Wir wurden regelrecht überrannt und können gar nicht alle Kinder in die Aufführung integrieren. Deshalb haben wir zusätzlich zu dem Stück noch eine Choraufführung mit zehn Kindern unter der Leitung von Johanna Mazur.
Zudem werden Gedichte vorgetragen und ein Teil der Kinder ist sogar in die Bühnentechnik involviert. Wir proben wöchentlich und alles läuft wirklich sehr gut. Mein Dank dafür geht auch an alle Eltern und Beteiligten beim Kultur- und Heimatverein für die Unterstützung und die Organisation.

Zum Abschluss würden wir gern noch wissen, wie geht es weiter, was planst du als Nächstes?
Ich habe in letzter Zeit bereits weitere Stücke geschrieben, weil mir das einfach sehr viel Spaß und Freude bereitet. Ob und wann sie zur Aufführung kommen, habe ich jedoch noch nicht entschieden. Momentan gilt mein Fokus voll und ganz dem Kindertheater und dann sehen wir weiter. Ich verspüre keinerlei Druck noch etwas zeigen, erreichen oder beweisen zu müssen. Der Römische Philosoph Lucius Seneca sagte einst: „Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück: Es kommt nicht darauf an, wie lange es ist, sondern wie bunt“. Ich freue mich also auf alles Bunte, was noch kommt, auf und neben der Bühne.

(Bernd Schlemmer für KHV)