Im Gespräch mit Markus Schellmann

Wir sprechen mit Markus Schellmann über seinen Beruf als Strategischer Einkäufer, seinen Werdegang als Goaßler und sein Engagement beim KHV.

Markus, habe die Ehre. Du bist Strategischer Einkäufer. Was kann man sich darunter genau vorstellen?
Der Strategische Einkauf bildet den ganzheitlichen Beschaffungsprozess ab. Wesentliche Aufgaben sind die Anbieterevaluierung, Lieferantenbetreuung, Ausgabenanalyse, Marktforschung, Verhandlungen und Vertragsabschlüsse sowie die kaufmännische Betreuung in Projekten vom Anfang bis zum Ende. Er geht also weit hinaus über die Beschaffung und zeitgerechte Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen. Ich arbeite für einen führenden Baumaschinenhersteller und bin dort global für den Einkauf von technischen Großanlagen wie Lackierstraßen und Montagelinien verantwortlich. Zusätzlich gehört zu meinem Aufgabengebiet der Energieeinkauf, also Strom und Gas, sowie die Beschaffung von Kraftstoffen und Ölen für unsere Baumaschinen aller Art.

Parallel zu deinen globalen Aufgaben bist du aber schon immer auch sehr regional, also in Jesenwang, aktiv und verwurzelt.
Ja. Ich bin bei den Burschen und im Willibaldsverein, beim TSV Jesenwang, in der Jagdgenossenschaft und auch Mitglied im Gemeinderat. Ich lebe in einer festen Beziehung, bin sehr gern in Jesenwang daheim und hab einfach Freude daran, mich in unserer Dorfgemeinschaft zu engagieren und mitzugestalten. Heimat ist für mich ein Gefühl. Es beinhaltet Kontinuität, Geborgenheit, Brauchtum, Tradition, Familie und auch Freundschaften. Wenn ich dann durch mein Wirken ein bisschen dazu beitragen kann, dies alles zu pflegen und zu bewahren, ist mir das eine Herzensangelegenheit.

Jetzt bist du gerade aktiv dabei, für den KHV die Goaßlschnalzer-Sparte zu organisieren. Das Goaßlschnalzen an sich ist aber jetzt nicht wirklich in unserer Region beheimatet.
Das ist richtig. Nur wenige wissen etwas über dieses Brauchtum und seine Historie. Goaßlschnalzen ist ein bayerisch-österreichischer Brauch, dessen Name sich aus dem Begriff der Fuhrmannspeitsche „Goaßl“ und dem Wort „schnalzen“, d.h. Krachen, Knallen ergibt. Die Fuhrleute verwendeten in früheren Jahrhunderten die Goaßl meist bei Einfahrten in Ortschaften aber auch zum Antreiben des Ochsengespanns. Vorwiegend der Kommunikation dienend haben sich auch Hoch- und Niederalm auf diese Weise verständigt. Der laute Knall entsteht durch rhythmische Bewegungen der Goaßl und dem genau getakteten Gegenzug.

Auch in Jesenwang hat der Brauch einige Begeisterte gefunden und schon vor einigen Jahren hat sich eine Gruppe (allesamt Mitglieder des Burschenvereins Jesenwangs) zusammengetan, um diesen traditionellen Brauch zu erlernen und auszuüben.

Wie und wann bist du persönlich dann dazu gekommen?
Das müsste 2010 gewesen sein, auf einem Fest bei Erwin Drexler. Initiiert wurde das damals von Migo Hörhager und es ging dabei, glaube ich, um einen Wetteinsatz. Hier mussten 3-4 Jesenwanger zusagen, dass bis zum nächsten Maibaum eine Aufführung der Goaßler steht. Ich habe das gehört und bin gleich auf die Gruppe zugegangen, da ich schon seit einiger Zeit Interesse hatte, aber nicht wusste, dass es bereits einige Jesenwanger gibt, die üben und das Handwerk beherrschen.

Die Mischung aus Technik, Taktgefühl und Kraft sowie der langjährige Brauch haben mich sofort fasziniert.

Wie ging es dann weiter, bist du gleich einer Goaßltruppe beigetreten?
Mehr oder weniger ja. Ich habe mich der Gruppe angeschlossen, eine Goaßl gekauft und mich den damals wöchentlichen Übungsrunden angeschlossen. Richtig intensiv habe ich mich dann erst so richtig damit beschäftigt, als mein Freund und kongenialer Partner, Manuel Wörl, als Übungspartner sich der schlagkräftigen Sache ebenfalls angenommen hat. Wir haben für ihn ebenfalls eine Goaßl gekauft, man bekommt da schon eine vernünftige Qualität für ca. siebzig bis hundert Euro, und dann über YouTube-Videos angefangen, uns selbst die richtige Technik beizubringen. Geübt haben wir bei der Willibaldskirche und auf dem Sportplatz, also an Orten, an denen wir niemand wirklich belästigen und genügend Platz haben. So schön das Goaßln auch ist, die Lernphase ist durchaus schmerzhaft und lehrreich, da jeder Fehler sofort und direkt von der eigenen Goaßl bestraft wird. Man gibt sich also selbst direktes und unmittelbares Feedback und bekommt so schnell großen Respekt. Die Motivation also, wenig Fehler zu machen, ist deshalb auch von Beginn an sehr groß und die Schwere der Blessuren bestimmt den Lernfortschritt ;-)!

Du sagst, ihr habt euch das also mehr oder weniger selbst beigebracht. Wie lange dauerte es, bis ihr sagen konntet, das Erlernte ist jetzt einigermaßen vorzeigbar.
Wir haben da schon mindestens zwanzig Übungsstunden gebraucht, um die Grundlagen zu beherrschen. In einer Übungsstunde schafft man anfangs ca. zwanzig Schläge à etwa dreißig Sekunden. Das ergibt also eine Nettoübungszeit von zehn Minuten pro Stunde und dann ist man schon ganz schön platt. Es wirkt zwar für Zuschauer oft spielerisch und teilweise auch elegant, dies erreicht man aber nur mit der richtigen Technik und dafür muss man sehr viel üben. Wie bereits erwähnt, kann das wirklich schmerzhaft sein und es ist daher gerade zu Beginn sehr zu empfehlen, mit langer Hose, Helm und Rückenpolster zu trainieren – ich spreche da aus Erfahrung.

Was ist eigentlich schwieriger, ein Soloauftritt oder das Goaßln in der Gruppe?
Ganz klar in der Gruppe. Egal ob man als Gruppe synchron oder asynchron schlägt, die Herausforderung ist immer, dass alle permanent die gleiche Geschwindigkeit halten.

Wann war euer erster größerer gemeinsamer Auftritt in der Öffentlichkeit?
Das war 2014 beim Aufstellen des Maibaums. Damals waren wir zu viert: Manuel, der Putzlocher Helmut, Konrad Hillebrand und ich. Das Ganze ist gleich super bei den Jesenwangern angekommen und dauerte ziemlich genau zehn Minuten – was nicht schlecht war für den ersten Auftritt. Von da an sind wir dann immer wieder aufgetreten, auch in anderen Besetzungen. Wir waren bei Fahnenweihen, Geburtstagen, Burschenausflügen oder beim Jesenwanger Hoagart dabei und das teilweise dann auch mit musikalischer Begleitung. Die wiederum ist nochmal eine neue Herausforderung, weil wir dann ja an die vier Minuten am Stück goaßln und das ist natürlich schon sehr anstrengend. Wie gesagt aber ist Technik wichtiger als Kraft, es goaßln ja auch schon Kinder richtig gut, und so wird es immer einfacher und besser, je mehr man die Technik beherrscht. Auch wir haben schon einen sehr guten jungen Goaßler in unseren Reihen, den Benedikt Schlemmer, 15 Jahre, der bereits im Alter von 12 Jahren behutsam mit dem Goaßln begann. Ich habe mich mit ihm kurz unterhalten und möchte ihn hier jetzt gleich auch vorstellen.

Lieber Benedikt, wie kommt man mit 12 Jahren auf die Idee zu Goaßln?
Beim Einzug des Mammendorfer Volksfestes hatte ich zum ersten Mal die Luttenwanger/Mammendorfer Goaßler gesehen und war sofort begeistert. Ich fragte Hansi Hildebrand aus Luttenwang, ob ich das einmal ausprobieren dürfte. Ab diesem Zeitpunkt begann für mich eine schmerzhafte Lernphase. Horst Frank, der Chef und ein begnadeter Goaßler, war ein äußerst strenger, aber geduldiger Lehrmeister. Hansi hat mir am Anfang das Brauchtum nähergebracht und auch die erste Zeit viel mit mir geübt.

Wie oft trainiert ihr in der Gruppe?
Am Anfang war es öfters, jetzt alle 2 bis 4 Wochen am Sonntag am Luttenwanger Fußballplatz. Natürlich musste ich am Anfang täglich üben. Alle Goaßler sind sehr bemüht, mich langsam in die verschiedenen Techniken einzuweisen. Mein Ziel ist es, mit der Gruppe gemeinsam mit vielen Goaßlern bei Umzügen und Festen, u.a, auch am Leonhardi Ritt in Bad Tölz, aufzutreten.

Hast du auch schon mit den Jesenwangern gegoaßlt?
Ja, bis jetzt aber ausschließlich mit Dir, meinem Lieblingsnachbarn. Wir sind ja auch schon bei einem Fest und Geburtstag gemeinsam aufgetreten, das war echt klasse. Anfangs war ich schon noch etwas nervös aber dann hat es doch recht gut geklappt.

Benedikt, dann viel Spaß weiterhin beim Goaßln. Bleib uns weiter mit deiner Liebe zum Brauchtum in Jesenwang/Pfaffenhofen erhalten und bitte immer fleißig üben!

Jetzt geht es weiter mit dem KHV Interview. Markus, wie bist du dazu gekommen, die Goaßler-Sparte beim KHV aufzubauen?
Ich wurde angesprochen, ob ich mir als passionierter Goaßler vorstellen könnte, den Bereich für den KHV zu gründen und hab mich sofort für die Idee begeistert. Momentan sind wir zu viert. Benedikt, Manuel, Sandro und ich. Insgesamt habe ich 8-10 potentielle Kandidaten im Kopf, bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie gern mitmachen und auch gut zu uns passen. Unser erstes Treffen ist jetzt im Dezember geplant und dann wollen wir auch gleich mit regelmäßigem Training beginnen. Ich wünsche mir, dass wir ein bis zweimal pro Woche für mindestens dreißig Minuten auf einem festen Platz trainieren – und zwar Sommer wie Winter. Wir wollen es dann auch bereits nächstes Jahr bei lokalen wie auch regionalen Veranstaltungen richtig krachen lassen! Ich könnte mir auch vorstellen, mal einen Kurs anzubieten, wie man eine Goaßl herstellt. Ich finde das sehr interessant, handelt es sich dabei doch um eine Fertigkeit des guten alten Seiler-Handwerks. Es würde mich freuen, wenn wir mithelfen könnten, dass dieses Wissen und diese Tradition erhalten bleiben und weitergegeben werden. Auch eine Gruppe für Kinder würde ich gern ins Leben rufen. Ich bin nämlich sehr zuversichtlich, dass all diejenigen, welche sich bereits im Kindesalter für das Goaßln begeistern, auch im Erwachsenenalter dabeibleiben. So könnten wir jetzt schon die Weichen dafür stellen, dass es auch zukünftig Jesenwanger Goaßler gibt.

Wie stehst du persönlich zum KHV, jetzt auch unabhängig von deinem Engagement bei den Goaßlern?
Ich finde die Initiative richtig gut und habe deshalb auch nicht gezögert, mich selbst mit einzubringen. Ziel des KHV ist ja u.a. die Heimatverbundenheit zu stärken und zu leben, Traditionen und Brauchtümer zu bewahren sowie auch den sozialen Zusammenhalt in Jesenwang und Pfaffenhofen zu fördern. Dies deckt sich zu 100% mit meiner Einstellung und Philosophie. Ich helfe immer, wenn ich kann, und hab Freude daran, mich in unserer Dorfgemeinschaft zu engagieren. Gerne werde ich dazu beitragen, Brauchtum und Tradition zu fördern und auch unserer Jugend näherzubringen. Der KHV bietet dafür, und zwar nicht nur mir, sondern allen Menschen in Jesenwang und Pfaffenhofen, eine hervorragende Plattform. Deshalb bin ich gern dabei und freu mich schon auf alles, was wir gemeinsam auf die Beine und Bühnen stellen werden.

(Bernd Schlemmer für den KHV)